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Wirtschaftsskandale und Korruption – Herrscht noch Respekt und Vertrauen im Geschäftsleben und in der Politik? | Heimo Scheuch Podcast #34 mit Andreas Treichl

Heimo Scheuch Season 1 Episode 34

Herrscht noch Vertrauen und Respekt in der österreichischen Politik? In Episode 34 des wienerberger Podcasts diskutieren Heimo Scheuch und Gast Andreas Treichl Vertrauen in Politik und Wirtschaft, Korruption, Herausforderungen in Europa, und die Notwendigkeit einer stärkeren regionalen Zusammenarbeit. Andreas Treichl betont die Bedeutung eines europäischen Kapitalmarkts und einer verbesserten Bildungszusammenarbeit in Zentraleuropa. Trotz aktueller politischer Herausforderungen sehen beide die Notwendigkeit, positiv in die Zukunft zu schauen.

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Sehr geehrte Damen und Herren, herzlich Willkommen zu unserem Podcast. Ich habe heute  einen sehr speziellen Gast, einen langjährigen Freund, den Herrn Andreas Treichl. Herzlich  Willkommen, Andreas. Freut mich sehr. Wir leben in bewegten Zeiten, Andreas. Du hast viel gesehen in deiner beruflichen Karriere, aber  darf ich dir vorweg eine sehr persönliche Frage stellen? Die wienerberger hat sich einige sehr,  sehr wesentliche Werte gegeben über die vielen Jahrzehnte der Existenz und Respekt und Vertrauen  sind 2 Kernbegriffe in unserem Geschäft und in einem Umgang mit unseren Partnern. Glaubst du eigentlich, wenn man das turbulente Österreich heute so vor sich Revue passieren  lässt, dass Respekt und Vertrauen noch herrscht im Geschäftsleben und im,  in der Politik, bei all diesen Skandalen und der Korruption, die wir haben? Ich glaube, da muss man die unterschiedlichen Ebenen sehen. Ich glaube, das ist in Österreich  im politischen System und auch im Geschäftsleben, aber auf der Gemeindeebene und in vielen Teilen  auch auf der Landesebene noch sehr viel Respekt gibt. Eine gute Verbindung zwischen der Politik,  der Wirtschaft und der Bevölkerung, eine Zusammenarbeit und Zusammenarbeit und  auch ein Zusammenhaltsgefühl und oder das glaube ich, ist wirklich noch etwas erhalten geblieben. Wenn wir uns das anschauen, was durch die Medien geht, ist ja nicht das,  was sich bei den Handwerkern und den Gemeindepolitikern abspielt, sondern das,  was sich halt bei den großen Firmen und in der großen Politik abspielt, dann fragt man sich,  äh, wieviel Ärger kann es noch werden? Und da beobachte ich halt über meine  lange Wirkungstätigkeit eindeutig, dass es sich in den letzten Jahren wirklich dramatisch  verschlechtert hat. Dass Vertrauen nicht vorhanden ist, dass Geschäftspraktiken und Politikpraktiken  völlig aus dem Ruder gelaufen sind und mit der Ethik,  die man in der Wirtschaft und im politischen Leben haben muss, nicht mehr viel gemein hat. Es hat einmal einen Bundespräsidenten gegeben – viele können sich der Jungen nicht mehr erinnern  – den Herrn Kirchschläger, aber der hat einmal in einer sehr, sehr bekannten und sehr emotionalen  Rede über die sauren Wiesen gesprochen und die galt es da trockenzulegen und er hat damals die  Korruption angesprochen, sehr direkt. Und ich weiß ja, dass du dich sehr  intensiv mit der Weiterausbildung der Jungen beschäftigst; übrigens nicht nur in Österreich,  sondern ganz Europa und weltweit. Aber wie schaffen wir es, wieder Vertrauen in das  System und Vertrauen in die Politik einerseits, aber auch in die Wirtschaft und auch in die  Finanzwirtschaft wieder zurückzubringen? Eine sehr schwierige Frage, auf die es,  glaube ich, keine kurzen Antworten gibt. Aber es hängt im Wesentlichen von den  handelnden Personen ab und die handelnden Personen lernen von ihren Vorgängern. Und ist ja nicht so, dass Korruption eine Neuerfindung des Jahres 2010 oder 20 ist;  hat es immer gegeben und wir kennen viele Skandale auch in Österreich aus der Vergangenheit. Aber es hat sich auch total verändert. Sachen, die im Jahr 1995 völlig normal waren,  sind jetzt straffällig, hat sich die Corporate Governance und die Compliance Regeln haben sich  dramatisch verschärft und das Interessante ist, dass eben es noch immer so viele Leute gibt,  die sich nicht dran halten in der Wirtschaft und in der Politik. Und ich weiß nicht, wie man es ändern kann, aber man kann es eigentlich nur ändern, indem man die  Personen ändert, indem man in der Wirtschaft und in der Politik viel mehr Personen hat,  die sich streng an diese Regeln hält und die über Korruption und Freunderlwirtschaft und all dem  stehen. Das ist leider noch immer nicht der Fall. Es ist natürlich schon so, wenn wir uns vor Augen  führen die ganze ESG Gesetzgebung und die Reglementierung, die uns ja speziell jetzt  nicht nur im Bankenbereich, aber auch im Industriebereich trifft, Berichterstattung  und Transparenz, hat dazu geführt, dass wir ja alles in sehr großem Detail berichten müssen. Aber wenn man so sieht, also gerade aus den letzten Ereignissen in Österreich, ist es ja  auch ein Sektor, wo man sagt, das ist privat, da ist nicht ganz klar, wer die Eigentümerstruktur  ist, was da dahinter steht et cetera. Dann kann man schon sich Fragen stellen, dass  hier eine erhöhte Transparenz auch in gewissen Bereichen, ob das jetzt im Immobilienbereich oder  der Wirtschaft an sich gefordert werden kann, weil wenn ich als börsennotiertes Unternehmen jetzt ein  bisschen schmunzelnd sagen darf, wir müssen ja über jeden Cent Rede und Antwort stellen  und und in dem Sinne auch berichten, was die Bilanz und und die G und V betrifft,  da möchte ich jetzt nicht nur über jährliche, sondern quartalsmäßig das Ganze darstellen müssen,  aber es ist schon erstaunlich, dass man in einer Größenordnung von Milliardenbeträgen nicht  Bilanzen und um G und v entsprechend hinterlegt bzw. akkurat in den Umlauf bringt. Also das  erstaunt mich schon in einem Land wie Österreich. Mhm, also ich weiß überhaupt nicht über was du  jetzt gerade redest, wohin du referierst, aber das ist natürlich Wasser auf meinen Mühlen, weil ich  sehr viel über die mangelnde Kapitalmarktkultur in Österreich und in vielen anderen Teilen Europas  rede. Und ich glaube, dass sehr viele Firmen auch vor dem Kapitalmarkt zurückschrecken,  weil sie diese Transparenz gar nicht haben wollen. Da ist Österreich auch nicht so ein tolles  Beispiel wieder, weil wir also kurz vor dem jetzigen Skandal ja einen ziemlich Batzen-Skandal  bei einem börsennotierten österreichischen Unternehmen gehabt haben und und.. Wirecard. Und es ist schon langsam bedenklich, wenn man sieht, dass die beiden größten Wirtschaftsskandale  in Deutschland österreichische Produktionen sind und und ich denke auch darüber nach, ist da bei  uns irgendwie etwas lockerer, als woanders in Europa oder in der Welt? Und das scheint  eigentlich der Fall zu sein und ich glaube, man muss daher auch wirklich strenge Regeln für sich  selber auferlegen und sich selber auferlegen, egal ob man börsennotiert ist oder nicht. Und sich an diese Regeln auch strikt halten. Und da gehört dazu, dass man sich auf das,  was man macht, konzentriert und nicht versucht, in andere Bereiche zu gehen. Ja, es ist sehr erstaunlich und du weißt ja auch von der wienerberger aus gesehen,  wir gehen unseren eigenen Weg, wir haben ja als börsennotiertes Unternehmen und als  Publikumsgesellschaft Aktionäre, die weltweit agieren und einen sehr hohen  Corporate Governance Standard gesetzt und haben uns aus dem österreichischen total  hinaus entwickelt. Wir sind stolz, hier am Wienerberg zu sein, geschichtlich mehr als  200 Jahre, aber wir sind in dem Sinne total entkoppelt von der österreichischen Struktur. Das heißt, da haben wir uns international aufgestellt und halten es auch so. Und das  ist genauso wie du sagst. Ich glaube, dass es wichtig ist, dass wir stärker  unsere Unternehmenskultur auch nach außen tragen, damit wir das Vorbildfunktion dienen können, ja? Ist erschreckend und es ist schade, dass uns immer wieder solche “Einzelfälle”,  wenn ich das so sagen darf, “größere Einzelfälle” oder auch kleinere oder mittelgroße immer wieder,  was den Standort betrifft, zurückwerfen und ich glaube, da müssen wir schon, um mit  Kirchschläger zu sprechen, die sauren Wiesen schon einmal ein bisschen mehr trockenlegen. Ja, weil das Problem ist, es gibt nicht viele wienerbergers in Österreich und eine wienerberger  ist nicht genug. Genau. Es müsste viele, viele, viele, viele, das wird, das wird das  Land sehr schnell verändern, zum Positiven. Wenn wir uns jetzt aus dem Thema hinaus entwickeln  zur Jugend, Vorbildfunktion, du hast das Forum Alpbach übernommen. Dort bringst du viele  Jugendliche zusammen und solche, die sich mit der Entwicklung internationales Europa beschäftigen.  Wie siehst du Europa eigentlich heute? In Gefahr! Massive Gefahr schon ziemlich  lange und man kann eigentlich nur hoffen, dass die Politik, den die europäische Politik,  und damit mache ich jetzt nicht nur Brüssel, sondern Brüssel und die Nationalstaaten,  die Gefahr wirklich bald erkennen und endlich anfangen, zu agieren – auf vielen Gebieten. So wie Europa derzeit ausschaut, mache ich mir echte Sorgen! Wir können uns nicht verteidigen,  wir sind energieabhängig, unser Sozialsystem ist in Gefahr und wir verlieren seit Jahrzehnten  massiv an Bedeutung. Jetzt ist Bedeutung an sich selbst kein Wert, aber ich glaube,  dass eine Welt mit einem friedlichen, friedfertigen, geschäftlich erfolgreichen,  militärisch unabhängigen Europa, das demokratisch ist und,.. eine bessere Welt wäre. Und das, das versuchen wir in Alpbach, halt unseren Beitrag dazu zu leisten, indem wir eben  junge Leute aus ganz Europa und auch aus Resten der Welt, auch Amerika, Asien, dort hinholen und  sie mit wirklich klugen Köpfen aus der Wirtschaft, der Politik, der Wissenschaft und der Kunst  zusammenzubringen, um zu lernen, was heißt es, eine liberale, demokratische, geschäftlich und  wirtschaftlich erfolgreich und sozial sicheres Europa, was muss passieren, damit Europa so wird,  und wir laden junge Leute aus anderen Kontinenten dazu ein, damit sie diesen Kampf, wie kann ich  eine Union erfolgreich machen, auch mitlernen und im Endeffekt geht es um ein einziges Thema,  das die Jugend lernt und eben hoffentlich, dass auch die Politiker und die Wirtschaftsleute und  die Wissenschaftler, die dorthin kommen, von der Jugend lernen können, dass,... liberal heißt  jetzt nicht irgendwas im Sinne von neoliberal oder politisch orientiert, sondern es heißt  eben nicht entweder oder, sondern sowohl als auch. Sich gegenseitig zu akzeptieren. Wenn die jungen  Grünen darauf bestehen, dass das einzig wichtige auf der Welt die Umwelt ist,  und da haben sie schon recht, ja, wenn die Umwelt zusammenfliegt,  brauchen wir nichts anderes mehr, aber wenn sie nicht akzeptieren, dass auch wirtschaftliche  und Sicherheitsaspekte berücksichtigt werden müssen, dann wird die Politik nicht reagieren.  Wenn die Linksorientierten nicht kapieren, dass wir für die Vorsorge aller Bürger und  die Jugend in der Zukunft in Europa einen funktionierenden Kapitalmarkt  und ein funktionierendes Pensionssystem brauchen, dann wird es nicht funktionieren. Und wenn die Jungunternehmer nicht kapieren, dass Europa nur dann wirklich erfolgreich sein kann,  wenn wir ein besseres Sozialsystem haben als andere Kontinente, dann wird es auch  nicht funktionieren. Also wenn die, die, was wir dort versuchen in Wirklichkeit,  ist der der europäischen Jugend durch diese und vielen tollen Zusammenkünfte, die wir dort haben,  mit Politikern und Wirtschaftsleuten und so weiter, dazu zu bringen, die wesentlichen  Themen für Europa zu entideologisieren. Wohlstand für Europa ist kein ideologisches  Thema. Das ist ein,.. Die Sicherheit für Europa ist nicht links oder rechts  oder irgendwas. Und die Politik wird nur reagieren, wenn sie spürt, dass die Jugend  eine Meinung hat und dass die nicht politisch auseinanderdividiert werden kann. Und genau das,  glaube ich, halte ich für extrem wichtig und wir machen halt einen kleinen Beitrag dazu. Ist auch ein schöner Beitrag und ein, ein ganz wichtiger Beitrag. Ihr greift natürlich Kraft  eurer Ausrichtung nur einen ganz kleinen Teil der Jugend in Europa und wenn ich mir so anschaue,  Andreas, wir beschäftigen mittlerweile über 20.000 Menschen in Europa und wenn man so die  Herkunft, die Ausbildung, die kulturelle Struktur und wie sie eingebettet sind,  der jungen Menschen sich jetzt, ob das in den Niederlanden, in Finnland, in Italien,  in Frankreich oder auch in Rumänien der Fall ist. Ich stelle mit dem Entsetzen fest, dass die  Ausbildung immer schlechter geworden ist oder schlechter wird, die Sprachkenntnisse  eben schlechter werden. Wir haben in vielen Bereichen ein Defizit im Lesen und im Schreiben. Da sind schon muss ich sagen, auch unsere Instanzen gefordert, darüber nachzudenken,  ob unser Bildungssystem, und ich spreche jetzt absichtlich nicht über Österreich,  sondern Europa, ob das zielführend ist, ob das wirklich die Menschen greift und  und und ihnen die Möglichkeit gibt, sich weiterzuentwickeln und dann zusätzlich,  wenn ich mir so anschaue im Themenbereich Ausbildung, Weiterbildungssicherheit und  natürlich auch das Thema Wohnen, ein Riesenthema für die Jugend mittlerweile in Europa, dass wir  nicht ausreichend Zugang haben zu leistbarem Wohnen. Das heißt, das Thema Soziales Wohnen  ist in der Agenda, wie du eigentlich sehr schön dargelegt hast, zu entideologisieren,  weil wir haben in den Lissabonner Verträgen klar festgelegt für Europa, dass ein Recht auf Wohnen  besteht, aber am Ende des Tages ist das in vielen Ländern Europas nicht der Fall. Und die Jugend  leidet darunter, dass sie nicht einmal diese Freiheit hat, sich zu bewegen, zu studieren,  sich das leisten zu können und auch natürlich einen gewissen Wohlstand sich aufzubauen. Und da ist schon auch wiederum ein Gedanke, den ich einwerfen will, dass wir versuchen müssen,  nicht Millionen von Menschen zurückzulassen am Weg der Weiterentwicklung in Europa,  weil das war eigentlich unsere Kraft in der Vergangenheit, die mitzunehmen, sozial zu sein,  wie du es angesprochen hast, und dass wir jetzt wirklich uns auf die Basiswerte wieder besinnen  und sagen, das ist die gesamte Bevölkerung, über die man spricht, nicht zu sagen, rechts,  links und die auseinander dividieren, sondern wie du sagst, gewisse Sachen stehen außer Zweifel.  Die Sicherheit, die Verteidigungsfähigkeit. Ja, natürlich, wir haben auf Kosten anderer  gut gelebt in Europa, das muss man auch dazu sagen, auf Kosten anderer, und wir haben,  da hat es ja viele große Ökonomen, die du auch kennst, immer geben, die immer so belächelt haben,  dass defizite Amerikaner und alles mögliche, nur die Amerikaner haben sich halt im Militärbereich  entsprechend weiterentwickelt, während Europa nichts getan hat, und es ist halt in dem  Sinne dann ein alter Kontinent geblieben. Aber die Aufbruchsstimmung, die du auch  so durchklingen lässt, die sieht man noch nicht so stark jetzt im Alltäglichen,  auch im wirtschaftlichen nicht. Auch in der Kommission in Brüssel nicht. Hier beschäftigt  man sich mehr oder weniger mit Randthemen. Das ist richtig, ja. Also das kann man glaube ich  relativ allgemein über die große Politik sagen in Europa, also auf europäischem Level und auch dem  Staaten Level, dass wir uns mit vielen wichtigen Themen überhaupt nicht beschäftigen in Europa und  das hat wahrscheinlich hauptsächlich damit zu tun,.. eines davon ist Bildung; da wird das  aber sehr, sehr unterschiedlich. Da gibt es Länder die sehr viel tun das ist sehr gut machen und es  gibt Länder die es nicht so gut machen, aber wir haben keine europäische Bildungsinitiative. Wir  können uns in Europa nicht jedes Land alles selber leisten und es müsste eine Zusammenarbeit geben  auf der Bildungsebene in Europa und sagen wir brauchen nicht in jedem Land lauter super  Wirtschaftsuniversitäten, wir brauchen nicht in jedem Land lauter Supertechnikuniversitäten,  da müsste es eine Zusammenarbeit in Europa geben und sagen, ihr macht sagt mir was das  und wir haben Freiheit in der Europäischen Union, uns dorthin zu bewegen, wo wir wollen und wir  müssen ein gemeinsames Bildungssystem aufbauen. Das wirkliche Problem, das wir in Europa haben  ist, dass fast alle die Sachen, die Europa wieder dorthin bringen würde, wo wir es beide haben  wollen, und du hast das jetzt vorhin sehr gut beschrieben, sind alles Themen die überregional  zu lösen sind und es sind alles Themen, mit denen kein Politiker in irgendeinem Land  in Europa irgendeine nationale Wahl gewinnt. Wenn ich für eine europäische Transportunion  eintrete oder für eine europäische Bildungspolitik, wählt mich in Österreich  deswegen niemand, wenn ich mir das auf die Fahne hefte. Also wir haben auch ein institutionelles  Problem in Europa, dass wir, dass wir lösen müssen. Aber ich glaube eben, es wird jetzt  so eng und die Situation wird jetzt so bedrohlich und man muss sich ja fast wünschen, dass Trump die  nächste Wahl gewinnt, weil dann meiner Meinung nach müsste sich Europa um seine eigenständige  Verteidigung selber kümmern, unabhängig davon, welche amerikanische Präsident gerade da ist. Es ist ja absurd in Wirklichkeit, dass wir das noch immer nicht können.  Aber dann passiert es vielleicht, und wenn einmal eine Sache in Schwung kommt, kommt vielleicht noch  vieles andere auch in Schwung und vielleicht,.. ich habe noch immer nicht die Hoffnung aufgegeben,  dass einmal eine Konstellation kommt, wo es ein paar Staatschefs gibt in Europa – hoffentlich  sind die Franzosen und die Deutschen dabei – die dann wirklich anfangen, gemeinsam zu arbeiten. Ich glaube, der Optimismus, den teilen wir auch. Und Europa ist nicht  in einem Tag entstanden und wird auch nicht in einem Tag untergehen, sage ich einmal,  sondern ich glaube, wir sehen ja, wir haben ja viel Positives. Du hast die Jugend angesprochen,  du hast den Innovationswillen angesprochen, den wir haben, wir suchen auch immer wieder neue  Lösungen, auch die zunehmende Reglementierung treibt ja uns in dem Sinne voran, dass wir  kosteneffizienter werden. Im eigenen Beispiel muss ich sagen, haben wir Hunderte Millionen in den  letzten Jahren rausbekommen aus dem Unternehmen im Sinne von effizienterer Gestaltung. Das Thema  Green Deal und und das ganze Thema CO2 wird uns weiter fordern, um Alternativen zu suchen zu den  traditionellen Energieträgern. Das heißt, es ist alles mit, natürlich Aufwand und Kosten verbunden  und, wenn ich jetzt so in unseren letzten Teil des Gespräches kommen darf, auf etwas sehr Wichtiges. Wir brauchen Geld! Wir brauchen Finanzierung, wir müssen die Industrie neu aufstellen,  wir müssen natürlich viele Infrastrukturmaßnahmen, da gehört für mich die Energie, das Wasser und  andere Sachen dazu, wir müssen die Bildung neu aufstellen, da müssen wir langfristige  Finanzierungsmodelle finden. Da braucht man auch einen Finanzmarkt, der europäisch ist. Und hier  jetzt würde mich deine Meinung interessieren. Wir haben ja ein, auch hier wiederum ein sehr  heterogenes System, bisschen konkurrenzierend zwischen den Franzosen und den Deutschen,  die Engländer sind eh selbständig verschwunden aus diesem Bereich und werden eher durch die  Amerikaner gesteuert, wenn ich das so sagen darf. Und man hat ja auch in den letzten Jahren jetzt  die Tendenzen gesehen, dass viele amerikanische Investoren sich eher auf amerikanische Werte  wieder zurückbesinnen oder auch aufgefordert worden sind, durch ihre Investoren. Das heißt,  Europa braucht so etwas wie einen starken Finanzmarkt, nicht wahr? Absolut. Und wir brauchen ihn immer mehr! Wir haben eigentlich alles dafür vorbereitet:  eine europäische Bankenunion kann vervollständigt werden. Wird nicht gemacht, weil es politische  Diskussionen gibt über die europäische Einlagensicherung. Die deutschen Politiker wollen  nicht zustimmen, dass eben dann deutsche Sparer in Wirklichkeit für die Italiener herhalten müssen. Wenn wir das beibehalten, wird es keine Bankenunion geben und irgendwann werden  die Deutschen realisieren, dass das italienische Bankensystem in vieler  Hinsicht besser aufgestellt ist als das Deutsche. Und dann haben wir das Thema Kapitalmarktunion,  wo es alle Details gibt, wie man ihn verwirklichen kann. Alle Politiker in der EU oder auch deutsche  Finanzminister oder französische Finanzminister sagen, Deutsche sagen nur, “Wir brauchen unbedingt  den Kapitalmarkt europäisch ganz wichtig”, und die Franzosen sagen, “Wir brauchen unbedingt  einen europäischen Kapitalmarkt”, und passieren tut NICHTS seit Jahren, obwohl alle sagen,  wir brauchen’s. Warum passiert nichts? Weil das kein politisches Thema ist,  sondern ein unfassbar technisches Thema, wo alle Justizministerien, alle Wirtschaftsministerien,  alle Finanzministerien in Europa zusammenarbeiten müssten und sagen müssten, wir brauchen das. Wir wissen, dass wir es brauchen, aber wir bringen es nicht zustande und es ist  nicht so unähnlich wie beim Klima. Es ist bei weitem nicht so wichtig wie die gesunde Umwelt,  aber es ist für eine gesunde Zukunft unserer Jugend in Europa verdammt wichtig, dass wir das  entwickeln, weil Europa ganz einfach unfassbar viel Geld entgeht, weil wir das nicht haben. Zum Teil von der europäischen Mittelklasse, die über 15 Jahre Milliarden, Milliarden,  Milliarden verloren haben oder nicht gewonnen haben, weil sie ihr Geld bei  den Banken herumliegen lassen, anstatt sie in den Kapitalmarkt zu investieren und Milliarden  aus dem Ausland, weil es in Europa gar nicht genug zu investieren gibt. Und da ist wieder  ein ganz essentielles Thema das Pensionssystem. Und da sind wir in Österreich und in Deutschland  extrem benachteiligt gegenüber Skandinavien und Holland, die starke kapitalgedeckte Systeme haben,  und wir in Österreich und in Deutschland praktisch nur ein Umlageverfahren haben. Das heißt, die Steuern der Zukunft müssen die Pensionen der Zukunft abdecken, während in den  Ländern, in denen es hohe Pensionsfonds gibt, das Kapital, die Pension in der Zukunft bedienen kann.  Die, die das aber haben, so wie Dänemark oder Holland, investieren zwei Drittel ihrer  Mittel in Amerika, das heißt die europäischen Pensionisten unterstützen die amerikanische  Wirtschaft. Warum? Weil’s in Europa.. Zu wenige Anlagen? Ja, klar. Und nun sind wir wieder beim Ausgang vom Gespräch, wo du gesagt hast, es gibt halt nicht viele  wienerbergers und viele Unternehmer in Österreich und in Deutschland sagen, das wollen wir nicht  machen, die Transparenz des Kapitalmarkts; wir bleiben lieber etwas kleiner, aber privat. 

Persönliche Frage am Ende unseres Gespräches:

du, der ja extrem viel in Zentral Osteuropa  unterwegs war, beruflich und auch privat und sehr gut eben, um nicht das Wort falsch jetzt  zu verwenden, vernetzt bist im Sinne von freundschaftlich mit Menschen und und auch  beruflich mit deinen Kollegen oder in der Bank. Muss man auf Brüssel warten als Österreicher und,  oder könnten wir nicht politisch mit den Kollegen, Nachbarstaaten zentraleuropäisch  einiges selbständiger aufbauen? Wir haben gerade über einen Kapitalmarkt gesprochen,  wir haben gesprochen über Bildung, Ausbildung, Weiterbildung, es sind  viele Themen kultureller Natur, bis hin zu dem ganzen Thema Integration, Weiterentwicklung  der Gesellschaft, Infrastrukturmaßnahmen. Manchmal habe ich den Eindruck, man schiebt  den schwarzen Peter ganz gerne nach Brüssel, aber man könnte ihn auch eigentlich in der Region diese  Probleme aufgreifen und zwischen Tschechen, Polen, Österreichern, Ungarn, sogar Italienern relativ  effizient abarbeiten. Absolut, absolut. Jede Form der regionalen Kooperation könnte extrem hilfreich sein und könnte sogar,.. könnte  Brüssel Energie verleihen. Ich würde sofort daran arbeiten, dass wir ein zentraleuropäisches... eine  Transportunion machen, eine Kapitalmarktunion gemeinsam mit den Ungarn, den Tschechen, den  Slowaken, wenn die Polen sich nicht so gut sind für uns, auch mit den Polen hinauf ins Baltikum,  Rumänen, Kroatien mitnehmen, da ist so wahnsinnig viel drinnen und wir haben  alle die gleichen Probleme. Wir haben natürlich noch immer ziemlich hohe Einkommensunterschiede,  aber die Tschechische Republik holt in Windeseile auf und ist bald da, wo wir sind. Aber wir haben auch die gleichen, alle die gleichen Probleme. Wir hängen alle sehr stark  von der Zukunft der Automobilindustrie ab, in der ganzen Region mit allen Problemen,  die uns das bringen kann. Wir haben alle praktisch keinen Kapitalmarkt. Das heißt,  außer strategischen Investoren kriegt die Region kein Geld. Dabei müssen viele,  viele aktiv und passiv gemanagte Fonds in diese Region investieren, wissen aber nicht wohin. Wir hätten so viele Gemeinsamkeiten, wir könnten so viel stärker werden. Aber es braucht halt  Kooperation und Zusammenarbeit und Politiker, die sich darum bemühen. Ich  sehe es nicht! Also ich bin seit vielen Jahren in Tschechien, in der Slowakei, in Ungarn,  überall unterwegs. Dass es da wirklich eine Bewegung gibt,.. wir wir, wir,.. wozu brauchen  wir mit unseren Pipi-Börsen da 4 oder 5 in der Region warum, warum machen wir nicht eine? Eine, ja, zum Beispiel ja, einen Finanzmarkt. Und viele, viele andere Sachen, die wir machen  könnten. Warum arbeiten wir nicht auf Bildungsebene zusammen und sagen,  in Österreich machen wir Recht, in Tschechien machen wir Wirtschaft, in Ungarn machen wir,  weiß ich was mit dem Orban, oder ... Landwirtschaft könnten wir dort auch machen,  ja? Nein Spaß beiseite, weil da ist in der Tat viel Potenzial da und wenn du eigentlich  so schaust, wir beide in dieser Diskussion, wir sehen hier Möglichkeiten, uns weiterzuentwickeln,  wir würden Zukunftspotenzial eröffnen für die Jugend, nur kommt immer zurück,  Österreich Wahlkampf, heuer wieder neue Regierung wird gewählt. Diese Themen spielen hier keine  Rolle, ja? Und es ist ein sehr eingeschränkter Personenkreis, die darüber diskutieren, aber es  wird nicht in die Breite getragen. Es wird nicht darüber gesprochen, was die Zukunft Positives für  uns bringen kann. Es wird sehr stark negativ und und in dem Sinne krisenhaft besetzt, ja? Und hier vielleicht noch meine Anmerkung am Ende: Es ist natürlich auch, du hast  ja sehr viel Vorbildhaftes getan im Sinne, dein Engagement sozial und eben auch im Bereich der  Ausbildung und für die Jugend, aber es sollte auch hier mehr getan werden, nicht? In dem Bereich der  Wirtschaft, muss auch getan werden, weil ansonsten werden wir nicht der attraktive Standort sein,  der wir heute noch sind in 10, 20 Jahren von heute glaube ich, das ist sehr wichtig,  dass wir daran denken und jeder hat eine gewisse Verantwortung dem schönen Land Österreich  gegenüber, unserem Europa gegenüber und dafür zu kämpfen, glaube ich, lohnt es sich gerade heute. Richtig, ja, weil schön allein sein, genügt nicht. Das ist genau,.. also du hast es sehr gut  formuliert. Ich glaube, es ist schön und erfrischend, dass man sich in dieser  Direktheit austauschen kann in dieser Zeit und dass wir in unserer gemeinsamen Kämpfernatur  diesen Weg auch weitergehen werden. Ich danke dir, dass du mich besucht hast. Danke, danke dir, war sehr nett! Vielen Dank.